Sallust - De Bello Iugurthino - Kapitel 1-20 - Deutsche Übersetzung


De Bello Iugurthino 1-20



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[3] Verzicht auf politisches Engagement
[4] Gesellschaftskritik
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Übersetzung größtenteils nach V. Schulz


1.


Falso queritur de natura sua genus humanum, quod inbecilla atque aevi brevis forte potius quam virtute regatur. Nam contra reputando neque maius aliud neque praestabilius invenias magisque naturae industriam hominum quam vim aut tempus deesse. Sed dux atque imperator vitae mortalium animus est. Qui ubi ad gloriam virtutis via grassatur, abunde pollens potensque et clarus est neque fortuna eget, quippe quae probitatem, industriam aliasque artis bonas neque dare neque eripere cuiquam potest. Sin captus pravis cupidinibus ad inertiam et voluptates corporis pessum datus est, perniciosa libidine paulisper usus, ubi per socordiam vires tempus ingenium diffluxere, naturae infirmitas accusatur: suam quisque culpam auctores ad negotia transferunt. Quod si hominibus bonarum rerum tanta cura esset, quanto studio aliena ac nihil profutura multaque etiam periculosa ac perniciosa petunt, neque regerentur magis quam regerent casus et eo magnitudinis procederent, ubi pro mortalibus gloria aeterni fierent.



Fälschlich beklagt sich das menschliche Geschlecht über seine Natur, weil sie als Schwache und von kurzer Dauer eher durch Zufall als durch Tatkraft gelenkt werde. Denn im Gegenteil, du dürftest beim Überlegen weder etwas Größeres noch Vorzüglicheres finden, und dass der Natur mehr der Fleiß der Menschen als Kraft oder Zeit fehlt. Aber Lenker und Leiter des Lebens der Sterblichen ist der Geist. Wo dieser auf dem Weg der Tugend zum Ruhm schreitet, ist er mehr als genug mächtig, stark und berühmt und bedarf des Glückes nicht, das ja Redlichkeit, Fleiß und andere gute Fähigkeiten weder irgendeinem geben noch entreißen kann. Wenn er aber, gefangen von verkehrten Begierden, und deshalb zu Trägheit und körperlichen Gelüsten zugrunde gerichtet worden ist, und er ein Weilchen die verderbliche Lust gebraucht hat, wird, sobald durch Sorglosigkeit die Kräfte, Zeit und Talent zerflossen sind, die Schwäche der Natur angeklagt: die Urheber übertragen ein jeder seine eigene Schuld auf die Lage. Wenn also die Menschen so große Sorge um das Gute hätten, wie viel sie mit Eifer Fremdes, keinen Nutzen bringendes und vielfach auch Gefährliches und Verderbliches erstreben, würden sie nicht so sehr gelenkt als lenkten sie die Geschehnisse und drängten sich zu dem Punkt der Größe vor, wo sie anstatt sterblich hinsichtlich des Ruhms ewig würden.


2.


Nam uti genus hominum compositum ex corpore et anima est, ita res cuncta studiaque omnia nostra corporis alia, alia animi naturam secuntur. Igitur praeclara facies, magnae divitiae, ad hoc vis corporis et alia omnia huiusce modi brevi dilabuntur; at ingeni egregia facinora sicuti anima immortalia sunt. Postremo corporis et fortunae bonorum ut initium sic finis est, omniaque orta occidunt et aucta senescunt: animus incorruptus, aeternus, rector humani generis agit atque habet cuncta neque ipse habetur. Quo magis pravitas eorum admiranda est, qui, dediti corporis gaudiis, per luxum et ignaviam aetatem agunt, ceterum ingenium, quo neque melius neque amplius aliud in natura mortalium est, incultu atque socordia torpescere sinunt, cum praesertim tam multae variaeque sint artes animi, quibus summa claritudo paratur.



Denn wie das Geschlecht der Menschen aus Körper und Seele zusammengelegt ist, so folgen die ganzen Dinge und all unsere Bemühungen teils der Natur des Körpers , teils der des Geistes. Also das schöne Gesicht, großes Reichtum, dazu Körperkraft und alles andere von dieser Art zerfallen in Kürze; aber hervorragende Taten des Talentes sind wie die Seele unsterblich. Schließlich gibt es wie einen Anfang der Güter des Körpers und des Schicksals so ein Ende, und alle Geborenen sterben und Erwachsene altern: der unverdorbene ewige Geist, der Lenker des Geschlechts der Menschen, treibt und beherrscht alles und er selbst wird nicht beherrscht. Umso mehr muss die Verkehrtheit derer bewundert werden, die, den körperlichen Freuden ergeben, ihr Leben in Üppigkeit und Trägheit verbringen, im Übrigen aber ihr Talent, wodurch es nichts Besseres oder Weiteres in der Natur der Sterblichen gibt, in Unbildung und Trägheit erstarren lassen, zumal da so viele und verschiedene Fähigkeiten des Geistes gibt, durch welche höchster Ruhm erworben wird.


3. Verzicht auf politisches Engagement


Verum ex iis magistratus et imperia, postremo omnis cura rerum publicarum minime mihi hac tempestate cupienda videntur, quoniam neque virtuti honor datur neque illi, quibus per fraudem iis fuit uti, tuti aut eo magis honesti sunt. Nam vi quidem regere patriam aut parentis, quamquam et possis et delicta corrigas, tamen importunum est, cum praesertim omnes rerum mutationes caedem, fugam aliaque hostilia portendant. Frustra autem niti neque aliud se fatigando nisi odium quaerere extremae dementiae est; nisi forte, quem inhonesta et perniciosa libido tenet, potentiae paucorum decus atque libertatem suam gratificari.



Aber von diesen Dingen scheinen mir Zivil- und Militärbehörden, letztlich jede Verwaltung öffentlicher Angelegenheiten zu diesem Zeitpunkt keineswegs zu wünschen, weil einem tugendhaften Mann weder eine Ehrenamt verliehen wird noch jene, die diese durch Gaunerei erlangen konnten, sicher oder dadurch mehr angesehen sind.
Ja nämlich mit Gewalt sein Vaterland oder seine Heimat zu regieren, obgleich man es könnte und man Mängel beseitigen dürfte, hat dennoch seine Schwierigkeiten, zumal weil alle politischen Umwälzungen die Vorboten von Blutbad, Flucht und anderen Feindseligkeiten sind. Von äußerster Sinnlosigkeit aber ist es, sich vergeblich anzustrengen und – dadurch dass man sich abmüht – nichts anderes als Hass erntet; es müsste denn sein, dass einer, den ein ehrenloses und verderbliches Verlangen beseelt, seine Ehre und seine Freiheit für die Macht einiger weniger aufopfert.


4. Gesellschaftskritik


Ceterum ex aliis negotiis, quae ingenio exercentur, in primis magno usui est memoria rerum gestarum. Cuius de virtute quia multi dixere, praetereundum puto, simul ne per insolentiam quis existimet memet studium meum laudando extollere. Atque ego credo fore, qui, quia decrevi procul a re publica aetatem agere, tanto tamque utili labori meo nomen inertiae imponant, certe quibus maxima industria videtur salutare plebem et conviviis gratiam quaerere. Qui si reputaverint, et quibus ego temporibus magistratus adeptus sim [et] quales viri idem assequi nequiverint et postea quae genera hominum in senatum pervenerint, profecto existimabunt me magis merito quam ignavia iudicium animi mei mutavisse maiusque commodum ex otio meo quam ex aliorum negotiis rei publicae venturum. Nam saepe ego audivi Q. Maximum, P. Scipionem, praeterea civitatis nostrae praeclaros viros solitos ita dicere, cum maiorum imagines intuerentur, vehementissime sibi animum ad virtutem accendi. Scilicet non ceram illam neque figuram tantam vim in sese habere, sed memoria rerum gestarum eam flammam egregiis viris in pectore crescere neque prius sedari, quam virtus eorum famam atque gloriam adaequaverit. At contra: quis est omnium his moribus, quin divitiis et sumptibus, non probitate neque industria cum maioribus suis contendat? Etiam homines novi, qui antea per virtutem soliti erant nobilitatem antevenire, furtim et per latrocinia potius quam bonis artibus ad imperia et honores nituntur; proinde quasi praetura et consulatus atque alia omnia huiusce modi per se ipsa clara et magnifica sint ac non perinde habeantur, ut eorum, qui ea sustinent, virtus est. Verum ego liberius altiusque processi, dum me civitatis morum piget taedetque. Nunc ad inceptum redeo.



Abgesehen von den anderen Tätigkeiten, die mit dem Geiste ausgeübt werden, ist besonders die Geschichtsschreibung von großem Nutzen. Weil ja viele über deren Vorzüglichkeit gesprochen haben, halte ich es für auslassbar, damit zugleich niemand meint, ich würde mein Werk, indem ich es übertrieben lobe, in die Höhe heben. Und ich glaube, dass es Leute geben wird, die meiner so großen und nützlichen Arbeit die Bezeichnung „Trägheit“ geben werden, weil ich ja beschloss, mein Leben fern vom Staatswesen zu verbringen. Für diese Leute erscheint es als die beharrlichste Tätigkeit, das Volk zu grüßen und durch Gastmähler dessen Gunst zu erlangen. Wenn diese überdenken würden, sowohl in welchen Zeiten ich diese Ämter bekleidete als auch was für Männer dasselbe nicht erreichen konnten und welche Sorten von Menschen hinterher in den Senat gelangten, dann werden sie in der Tat abschätzen können, dass ich meine Meinung mehr aus gutem Grund als aus Feigheit geändert habe und dass dem Gemeinwesen aus meiner Muße einer größerer Vorteil entstehen wird als aus Beschäftigungen mit anderen Dingen. Denn ich habe oft gehört, dass Quintus Maximus, Publius Scipio und überdies noch andere ausgezeichnete Männer unseres Volkes zu sagen pflegten, dass ihnen ihr Herz äußerst heftig zur Tüchtigkeit entflammt werde, wenn sie Bilder unserer Ahnen betrachten würden. Natürlich hätten jenes Wachs und jene Figur nicht eine so große Kraft in sich, sondern dieses Feuer werde den herausragenden Männern durch die Erinnerung an die Taten [der Ahnen] in ihrer Brust entfacht und es würde nicht zur Ruhe kommen, bevor ihre Tatkraft dem Ruf und Ruhm dieser gleichgekommen sei. Andererseits aber: Gibt es bei den heutigen Sitten jemanden, der sich nicht in Reichtum und Kosten, sondern in Rechtschaffenheit und Fleiß mit seinen Ahnen misst? Auch die homines novi, die früher gewöhnlich den Adel durch Tatkraft übertrafen, streben verstohlen und eher durch Räuberei als durch edle Tugenden nach Befehlshaberstellen und Ehrenämtern; geradeso als ob die Prätur und das Konsulat und alle anderen Ämter dieser Art schon an sich berühmt und großartig wären und nicht vielmehr so viel gelten würden, wie die Tatkraft derjenigen ist, die diese innehaben. Aber ich bin über mein Thema hinausgeschossen, während ich mich über die Sitten des Volkes ärgere und ekle. Jetzt kehre ich zu meinem Vorhaben zurück.


5.


[BLOCK]Bellum scripturus sum, quod populus Romanus cum Iugurtha rege Numidarum gessit, primum quia magnum et atrox variaque victoria fuit, dein quia tun

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